Die*den Geliebte*n töten, um sie*ihn ganz zu besitzen, ist die brutale Logik der Beziehungstat und Kehrseite der Idee der romantischen Liebe, die mit Treue und Vertrauen, aber eben auch mit Besitzdenken und Kontrolle zu tun hat. "Si je’taime prends garde à toi! – Wenn ich dich liebe, nimm dich in Acht!" Das schockierend Realistische an Carmen ist die Darstellung einer Liebe, "die in ihren Mitteln der Krieg, in ihrem Grunde der Todhass der Geschlechter ist", wie Friedrich Nietzsche bewundernd formulierte. Sebastian Nüblings Inszenierung von 2006 liest Bizets Meisterwerk fern aller folkloristischer Klischees als postmortales Beziehungsdrama